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Textilwerke - eine Nachbetrachtung

Entwürfe der Schneider- und Gewandmeisterin Petra Cofflet
Strahlende Gesichter um Almut Bree und ihre Monogramm-Stickmaschine
Konzentriert beobachtet eine Besucherin Vera Kupser am Klöppelkissen, um danach selbst Hand anzulegen

Mit den Worten „Gutes bewahren – Neues wagen“ beschreibt eine Besucherin, die am vergangenen Wochenende aus dem hessischen Weilrod ins Regionalmuseum nach Nastätten gekommen war, mit eigenen Worten den Grundgedanken der zweitägigen Veranstaltung „Textilwerke – alte Techniken in neuem Gewand“. Von „herzerwärmender Ausstellung“ ist an anderer Stelle zu lesen. Viele Besucher folgten dem Bedürfnis ihre Begeisterung in Worte zu fassen, so sind vier Seiten mit berührenden Kommentaren im Gästebuch des Museums entstanden. 

Die Idee, das weite Spektrum textiler Verarbeitungsmöglichkeiten im Regionalmuseum zu präsentieren, entstand bereits 2023 während der Sonderausstellung „Ein langes Leben für Omas Wäsche“ der beiden Textilerinnen Doris Schäfer aus Schlangenbad und Rosemarie Vetter aus Heppenheim. Während die weißwäschebegeisterte Doris Schäfer zum aktuellen Anlass im ehemaligen Touristikbüro ihr Atelier bezog und dort unter dem Arbeitstitel „Weiß hat viele Gesichter“ ihr kreativ, detailverliebtes Sortiment an Schmuckkarten, genähten Sternen und Kränzen offerierte, demonstrierte Rosemarie Vetter im Wohnzimmer die traditionelle Technik der Knopfherstellung und wickelte Zwirnknöpfe ganz klein, aber fein. Nebenan strickte Tochter Daniela ein Paar Strümpfe. Von Strickleidenschaft erfüllt ist auch die Koblenzerin Barbara Wasna, „Feinfädiges“ ist ihr Label, darunter strickt sie Pullover und vieles mehr im Auftrag für Kunden mit individuellen Wünschen. Naturfarbene Hemden aus handgewebtem Leinen lagern zahlreich in den Wäscheschränken im Museum. Die rot gestickten Monogramme am Halsausschnitt ermöglichten seinerzeit die Zuordnung innerhalb der Familie. Mit Stickereien, insbesondere von Monogrammen, beschäftigt sich die textile Buchautorin Almut Bree seit Jahrzehnten. Mehrere ihrer Publikationen behandeln die moderne, computergesteuerte Methode der Monogrammstickerei. Auf ihrer Brother-Stickmaschine durften sich interessierte Besucher selbst Monogramme in Servietten, kleine Tücher und sonstiges sticken bzw. einen programmierten Entwurf von der Maschine sticken lassen. Im Gegensatz dazu konnte man bei der Textilpädagogin Karin Winkler die Erfahrung machen, dass selbst eine einfache, gleichmäßige Naht auf einer ca. 100 Jahre alten „Pfaff“ ein konzentriertes Rhythmusgefühl voraussetzt. Begleitend führte Almut Bree im historischen Schulzimmer mehrfach ihre Bilderpräsentation „Die Geschichte der Nähmaschine“ vor. Alexandra Hindrischedt, Inhaberin eines Quilt- und Patchworkstudios in Bad Camberg, belegte mit ihrem Quilt „Little Blue Bird“ den 1. Platz auf der „World Quilt Competition“ in Amerika. Ihre großformatigen Quilts schmückten das obere Treppenhaus ganz bezaubernd. Ländlich rustikal und direkt vom Züchter gab es bei Michaela und Björn Wolf Rohwolle und verarbeitete Produkte vom Coburger Fuchs, dem alten Landschaf mit dem typisch fuchsfarbenen Kopf. Im Kontrast dazu konnte man bei Gewandmeisterin Petra Cofflet aus Boppard vor der Kulisse zarter Blumenmotive neben einer im Stil der 1750er Jahre gekleideten Pandora-Modepuppe exklusive Hausröcke nach historischen Vorbild bewundern. Textildesignerin und Blaufärberin Tanja Muth demonstrierte unterschiedliche Abbindetechniken, die nach dem Färbevorgang das gewünschte Muster auf dem ungefärbten Stoff im Blau abbilden sollen. Farbenreich strahlte die hand versponnene und gefärbte Wolle der Westerwälderin Petra Eberz in der Spinnstube. Unter ihrer geduldigen Anleitung gelang es einigen Besuchern mal selbst das Spinnrad schnurren zu lassen. Am Museumswebstuhl von 1799 machte sich Weberin Elizabeth Victor aus Bad Honnef ans Werk. Beeindruckend filigran filzt Gabriele Ihmels aus Bammental vorwiegend aus Seide und Merinowolle federleichte Ketten, Ohrringe und Broschen. Die Koblenzer Kinderbuchautorin Bine Voigt liebt es Geschichten zu erzählen. In „Luzie & Lione“ macht sie Kinder in angemessener Erzählweise mit der Koblenzer Historie vertraut, auf ihrem Blog-Portal „Tenner & Minkos“ lässt sie gebrauchte Hüte aus ihrem bisherigen „Leben“ erzählen. Gereinigt und aufgepeppt warteten diese nun im Museum auf neue Liebhaber, um mit ihnen ihr Leben fortzusetzen. „Stoffige“ Weine aus dem Weingut Reitz in Ernst an der Mosel verkostete der Event-Veranstalter Gernot Kallweit im Tante-Emma-Laden. Mit seiner Faszination insbesondere für den Anbau historischer Rebsorten verbunden mit der hohen Qualität der angebotenen Weine überzeugte er sein Publikum auf Anhieb. Edel und ebenso leicht wie die Filzketten von Gabriele Ihmels wiegen die aus finnischem Papiergarn in Handarbeitstechnik hergestellten Halsketten der in Diethardt wohnhaften Kerstin Reek-Berghäuser. Viel Anerkennung fand auch Nelya Ickert für ihre hochwertige Filzware. Die entzückenden Handpuppen entlockten allen Besuchern wenn nicht die gewünschte Kaufsumme, dann doch garantiert ein freundliches Lächeln. Grundlagen im Klöppeln vermittelte Wera Kupser aus Vallendar durch die learning by doing-Methode. Ihre vorbereiteten Klöppelkissen waren an beiden Tagen beständig in Betrieb, so wird es gewiss in Kürze einen nächsten Klöppelkurs im Museum geben. Gewebte Kissen, Lampenschirme, Schals und Schlüsselbänder hatte Vera Barthels aus Wied mitgebracht. In ihrer Begeisterung für’s Museum „bewarb“ sie sich spontan als Weberin für den großen Webstuhl in der Museumsnacht im November. 

Den prall mit außergewöhnlicher Damenmode gefüllten Sonderausstellungsraum teilten sich drei Damen, jede hat ihre eigene Boutique im ganz eigenen Stil aufgebaut. Die aus der Lüneburger Heide angereiste Angelika Hoffmann richtete ihre „Ecke“ mit viel gestalterischer Liebe zum Detail ein. „Schätze aus Großmutters Wäscheschrank“ verwandelten sich in ihrer Nähstube zu außergewöhnlichen Kleidungsstücken von hochwertiger Qualität und zu 100 % natürlichen Ursprungs. Upcyclingmode – ganz anders - hatte auch Designerin Ulrike Eddiks aus Reinheim mitgebracht. Zwar erkannte man an ihren Kleidungsstücken die Grundzutaten - die Kreuzstichtischdecke oder den alten Kopfkissenbezug - auf den ersten Blick, doch waren diese mit enormer Raffinesse und kreativ witzig zu einem peppigen Outfit kombiniert worden. In einem aufwändigen Verfahren wurden die Baumwollstoffe bedruckt, die die Wiesbadenerin Susan Bohn in Indien zu fairen Bedingungen zu Kleidung und Wohnaccessoires fertigen lässt.

Viele Mitwirkende und Besucher der „Textilwerke“ hatten eine weite Anreise in Kauf genommen für ihre Leidenschaft am textilen Gestalten. Die Talente der Aussteller ihre Kreativität für alle sichtbar zu machen, verdiente sehr viel Anerkennung und Wertschätzung.

Die durchweg positive Resonanz dieser Erstveranstaltung veranlassen auf eine Fortsetzung zu hoffen.   

Die Autorin Bine Voigt zeigt Barbara Wasna "Luzie & Lione", eine ihrer Koblenzer Kinder-Geschichten
Karin Winkler ersteht eine neue Lieblingsjacke in Angelika Hoffmanns wunderbarer "Boutique"
Federleicht und faszinierend filigran filzt Gabriele Ihmels Ketten, Ohrringe und Broschen

Öffnungszeiten

Montag - Freitag 

10.00 - 16.00

Donnerstag

10.00 - 17.00

Sonntag

13.30 - 17.00

Gruppen jederzeit nach Vereinbarung

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